Jetzt ist passiert, was seit Monaten im Raum stand: In den USA gehen die Gesundheitsbehörden mit drastischen Maßnahmen gegen Juul und andere Anbieter von E-Zigaretten vor, die im Verdacht stehen, Jugendliche als Zielgruppe besonders ins Visier genommen zu haben.
Die FDA, die zuständige US Food and Drug Administration, kündigte an, dass hart gegen eine “E-Zigaretten-Epidemie” unter Jugendlichen durchgegriffen werden soll. Es sei die größte derartige Aktion in der Geschichte der FDA. Auch die Zigarettenindustrie kommt nicht ungeschoren davon: Weitere Marken neben der unabhängigen Juul im Visier der Behörde sind Vuse (R.J. Reynolds), Blu (Imperial), MarkTen XL (Altria) und Logic (JTI).
An 1100 Händler wurden Warnungen verschickt, 131 Strafen wurden wegen des Verkaufs von E-Zigaretten an Jugendliche ausgesprochen. FDA-Chef Scott Gottlieb kündigte an, die Internet-Seiten der Hersteller und andere Online-Shops genau darauf zu prüfen, ob sie gegen Jugendschutzgesetze verstoßen. Im Fokus stehen auch Verkäufe an Zwischenhändler, die die E-Zigaretten dann an Jugendliche abgeben sowie die Frage, ob Juul und Co. dagegen genug unternommen haben. Die New York Times berichtete über das Vorgehen am Mittwoch als Aufmacher ihres Online-Auftritts.
Im Fokus der Aktion steht insbesondere Juul. Die kleinen E-Zigaretten mit Kapselsystem haben einen enorm hohen Nikotingehalt von 59 Milligramm pro Milliliter und einen ebenso großen Erfolg am E-Zigaretten-Markt. eGarage hatte bereits vor Monaten berichtet, dass dadurch der positive Trend zur E-Zigarette in den USA in Gefahr geraten könnte. Genaue Zahlen gibt es nicht, aber offenbar ist Juul tatsächlich bei Jugendlichen besonders erfolgreich. Die FDA schätzt, dass zwei Millionen Schüler in den USA im vergangenen Jahr E-Zigaretten nutzten. Dieses Jahr dürfte sich angesichts der sehr hohen Juul-Verkaufszahlen der Trend noch gesteigert haben.
Der Fall wirft auch in Europa ein Schlaglicht auf die Frage, ob eine moderate Regulierung von E-Zigaretten letztlich nicht doch der bessere Weg ist. Der krass hohe Nikotingehalt von Juul ist schließlich in Europa aufgrund der europäischen Tabakproduktrichtlinie gar nicht möglich. Der Höchstwert liegt hier bei 20 Milligramm pro Milliliter. Branchenkenner sind deshalb auch skeptisch, ob Juul, das seit kurzem in Großbritannien am Markt ist und in Europa weiter expandieren möchte, in Europa ähnlich erfolgreich sein kann.
Klar ist – auch wenn umstritten ist, wie erfolgreich Juul in den USA tatsächlich bei Jugendlichen ist und ob nicht viele stattdessen rauchen würden – dass eine Debatte wie in den USA enorm schädlich für das Dampfen insgesamt ist. Das Juul-Desaster ist auch eine Niederlage für die gesamte Branche, die nun noch stärker mit dem Image als “Verführer der Jugend” konfrontiert wird. Immerhin: FDA-Chef Gottlieb hat sich immer wieder moderat positiv zur E-Zigarette geäußert. Er erkennt an, dass Dampfen beim Rauchstopp helfen kann. Noch ist nicht deutlich, ob es sich um eine einmalige Strafaktion handelt oder nun generell hart gegen E-Zigaretten vorgegangen wird und die entsprechende Gesetzgebung folgt.