Die Medien lassen die E-Zigarette links liegen? Derzeit ist das nicht der Fall, im Gegenteil. Zwei sehr prominente Berichte beschäftigen sich kurz vor der tatsächlichen Einführung der Steuer auf Liquids mit einer Klage dagegen.
Gestern erschien ein ausführlicher Bericht der Deutschen Presse-Agentur, der in zahlreichen Zeitungen veröffentlicht wurde – mehr Reichweite geht kaum. Auch die “Süddeutsche Zeitung” zum Beispiel nahm die Geschichte mit.
Kern der Story: “E-Zigaretten haben ein viel geringeres Schadenspotenzial als Tabakzigaretten und werden nun trotzdem steuerlich gleichgesetzt.” Das sei unverhältnismäßig und falsch, sagte dem Bericht zufolge der Vorsitzende des E-Zigaretten-Verbandes BfTG. Deshalb habe man Verfassungsbeschwerde habe man beim BVG eingereicht. Allerdings sagte er auch, womöglich erst 2023 werde das Gericht entscheiden, ob die Beschwerde angenommen wird. Und dann folgt erst das Verfahren.
Kern der Beschwerde: Erstens die unverhältnismäßig hohe Besteuerung im Vergleich zu Tabak für ein deutlich weniger schädliches Produkt und zweitens, dass auch nikotinfreie Liquids besteuert werden. Auch die Politik kam zu Wort: Während die Grünen der Meinung sind, dass die Steuer “etwas zu hoch” angesetzt sei, verteidigte die SPD die damals von ihrem Ex-Finanzminister Olaf Scholz angestoßene Zusatzabgabe.
Zweiter Bericht: Ein großes Feature in der “Wirtschaftswoche”, das heute in der Printausgabe erschienen ist. “Auf der Kippe” lautet die sinnige Überschrift, und vorgestellt wird daran nicht nur die BfTG-Klage, sondern auch der Berliner E-Zigaretten-Laden Tante Dampf. Die Besitzer Nino Haarhaus und Laura Deppe kommen zu Wort und berichten, dass sie vorproduziert haben, denn in einer Galgenfrist darf noch steuerfrei abverkauft werden. Auch ein Kunde kommt zu Wort, der von der Zigarette umgestiegen ist: “Die Kippen gingen mir zu sehr auf die Lunge.”
Der Bericht ist zudem politisch spannend. Grüne und FDP, immerhin Teil der Ampelkoalition und in Regierungswürden, suchten nach Wegen, “Scholz und seine Sozialdemokraten schonend zu einer Korrektur zu bewegen” in Sachen Steuer. Der in der FDP für das Thema zuständige Till Mansmann sagte der WiWo: “Wenn die Haschisch-Geschichte kommt, wäre das Anlasse für eine Harm-Reduction Strategie.” Mit anderen Worten: Wird Cannabis legalisiert, ist zusätzlicher Druck da, auch bei der Tabakbesteuerung ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen Schaden und Nutzen steuerlich herzustellen.
Und Sebastian Brehm, im Bundestag für CSU und Union zuständig für das Thema, spricht noch einen anderen Kritikpunkt an. Wegen “Überbesteuerung” drohe unkontrolliert möglicherweise gefährliches Liquid aus dem Ausland nach Deutschland zu strömen.
Zwei große Berichte in Massenmedien, die das Thema differenziert angehen, in denen Kritik an der E-Zigarette, aber auch die schwerwiegenden gesetzgeberischen Entscheidungen ausführlich diskutiert werden: Keine schlechte Woche für die Dampfer.