Manchmal stimmt der Satz „schlimmer geht nimmer“ leider nicht. Das gilt auch und vor allem für den nächsten und neuen Entwurf des Tabaksteuermodernisierungsgesetzes, kurz TabStMoG.
Das Datum des neuesten Referentenentwurfs ist 10. Februar 2021, also fünf Tage, nachdem eGarage über die erste Fassung berichtete. Der neue Entwurf liegt eGarage nun ebenfalls vor. Die im ursprünglichen Entwurf geplanten zeitlichen Fristen waren schlichtweg nicht mehr zu halten, so musste ein neuer, aktualisierter Gesetzesvorschlag her, der die Zeitfenster und Umsetzungsoptionen berücksichtigt.
Diesmal fangen wir bei den klassischen Tabakzigaretten an: Für diese soll die Steuer in fünf Schritten vom 01. Januar 2022 bis Mitte Februar 2027 erhöht werden – maßvoll und lang gestreckt, sodass der Tabakzigarettenkonsum nicht unter der Steuererhöhung einbricht. Eine Erhöhung um rund acht Cent pro Packung und Jahr. Ein Mehraufkommen von 6,6 Milliarden Euro über die Gesamtzeit wird erwartet.
Den Heat not burn-Produkten geht es wie im ersten Entwurf an den Kragen: Die bevorzugte Besteuerung wie bei Feinschnitt wird drangegeben – fürderhin gilt dem Entwurf nach die Besteuerung der Fabrikzigarette. In Paragraf 1, Absatz1, Satz 1 heißt es lapidar: „Tabakwaren und erhitzter Tabak unterliegen im Steuergebiet der Tabaksteuer.“
Im Artikel 2 des TabStMoG geht es dann um die E-Zigarette. Auch hier die klare Ansage in §1, Absatz 1, Satz 1: „Tabakwaren, erhitzter Tabak und nikotinhaltige Substanzen unterliegen im Steuergebiet der Tabaksteuer.“
In Paragraf 2 des Artikel 2 werden die Kennzahlen für die künftige Besteuerung aufgeführt: Vom 01. Juli 2022 bis zum 31. Dezember 2023 kommt eine Steuer von zwei Cent je Milligramm Nikotin zum Tragen, danach werden vier Cent berechnet pro Milligramm Nikotin. Jeder Dampfer kann sich nun ausrechnen, was da an Mehrkosten auf ihn zukommt und wie sich das auf die Zahl der Nutzer in Deutschland auswirkt. Bei einem Nikotinshot von zehn Millilitern mit dem Maximalnikotin wären es acht Euro pro Fläschchen.
Als Wunschtraum des Referentenentwurfes muss deshalb folgender Satz auf Seite 21 zur Marktentwicklung im E-Zigarettenbereich gelten: „Des Weiteren kann nicht abschließend beurteilt werden, ob und in welchem Umfang die steuerliche Mehrbelastung durch die Hersteller an die Konsumenten weitergegeben wird und mit welchen Auswirkungen auf das Konsumentenverhalten in diesem Fall zu rechnen ist.“
Was dann in § 18 an Änderung kommt, wird die Händler von E-Zigaretten und Hersteller von Liquids umtreiben: Die Besteuerung erfolgt via Steuerbanderolen, wie man sie von Zigarettenpackungen kennt – und diese müssen vorab bestellt und bezahlt werden, noch bevor die Ware im Verkauf landet. Also Vorkasse. Und bis die Banderolen auf den nikotinhaltigen Fläschchen sind, müssen diese sicher verwahrt werden, denn es handelt sich um „hoheitliche“ Steuerbanderolen – jedem Hersteller/Händler sein eigener Tresor.
Und jetzt? Aus dem Lager der SPD hört man wenig zu den Scholz’schen Steuerplänen; es ist halt Wahlkampf, da werden die sozialdemokratischen Abgeordneten nicht ihrem Kanzlerkandidaten in den Rücken fallen, in dem sie sich rechnerisch, rechtlich und gesundheitspolitisch für die E-Zigarette einsetzen.
Und die Union? Sie – so hört man – hat den Widerstand gegen Steuererhöhung aufgegeben; zugunsten des weiterhin gesenkten Mehrwertsteuersatzes für die Gastronomie. Eigentlich ganz im Gegenteil: Gerade die Union, so wird in den Gängen geflüstert, hatte ihre Zusage für die Tabaksteuererhöhung an die Bedingung geknüpft, dass auch E-Zigaretten und Heat not burn-Produkte berücksichtigt werden. Hat geklappt.
Soll keiner mehr von Raucherprävalenzen sprechen, von Krebsprävention, von Rauchstopp und Drogenpolitik – oder gar von einem einheitlichen Vorgehen in Europa. Corona hat es vorgemacht: Wenn es ums Geld, interessiert eine EU-weite, gemeinsame Politik, die immer wieder und gerne beschworen wurde, nicht mehr. Und die Vorstellung, dass man aus überzogenen Steuermodellen, die den E-Zigarettenmarkt kaputtmachen, lernen und diese rückgängig machen würde (siehe das Beispiel Italien), ist in Deutschland nicht vorstellbar: Zwar haben wir keinen Kaiser Wilhelm mehr, der für seine maritimen Weltträume die Schaumweinsteuer einführte, aber die Steuer hat das Kaiserreich „perlend“ überstanden.
Wenn Pandemie die Zeit der Regierung ist, sind die Steuerpläne für E-Zigaretten hoffentlich die Zeit der parlamentarischen Opposition.