In den USA ist die Debatte um die E-Zigarette und das Dampfen neu aufgeflammt – und wird wieder sehr scharf geführt. Das ist ein Rückschritt: Anfang des Jahres hatte sich die Gesundheitsbehörde FDA zu einem Masterplan entschlossen, der mittels Nikotinsenkung in herkömmlichen Zigaretten und einer positiven Bewertung und Regulierung von E-Zigaretten zumindest den Umstieg erleichtern sollte.
Doch die Stimmung dreht. Es gibt inzwischen Hunderte Medienbeiträge darüber, dass insbesondere die kleine, kompakte, aber leistungsstarke E-Zigarette Juul auf großen Zuspruch an High-Schools stößt und von zahlreichen Jugendlichen genutzt wird, auch wenn dies illegal ist, denn das Mindestalter liegt bei 21 Jahren. Unter anderem berichtete der hoch angesehene “New Yorker” kürzlich in einer großen Reportage darüber. Die American Academy of Pediatrics Tobacco Consortium, eine Ärztevereinigung, spricht in dem Text zum Beispiel von einem “gewaltigen Desaster für die öffentliche Gesundheit”. Insbesondere wird Juul vorgeworfen, mit Geschmacksrichtungen wie Mango eine jugendliche Zielgruppe anzusprechen.
Doch das ist wohl nicht der Hauptgrund für den Erfolg von Juul, süße und fruchtige Geschmacksvarianten gibt es schon lange. Vielmehr setzt das Unternehmen auf einen möglichst starken Kick für die Nutzer des kleinen Geräts, das nicht größer ist als ein USB-Stick. Der Nikotingehalt liegt offenbar bei 59 Milligramm pro Milliliter. Das ist ein enormer Wert und knapp drei Mal so hoch wie der in der Europäischen Union erlaubte Höchstgehalt von 20 Milligramm. Hier könnte Juul also nie in dieser Form verkauft werden. Zudem werden Nikotinsalze eingesetzt, die die hohe Nikotinmenge leichter verträglich machen. Erfahrene Dampfer wissen, dass mit hohem Nikotingehalt das Einatmen einen hohen Reizwiderstand auslöst. Das gilt besonders für Dampf-Neulinge.
Der wirtschaftliche Erfolg von Juul ist indes durchschlagend. Der Marktanteil bei E-Zigaretten (der allerdings nicht Tanksysteme und Liquids einschließt) liegt inzwischen bei über 60 Prozent in den USA. Die Konkurrenz wird geradezu vom Markt gefegt. Wie viele Jugendliche tatsächlich Juul nutzen, ist noch unklar. Umfassende Statistiken, Studien und Erhebungen stehen angesichts des in voller Breite erst wenige Monate alten Trends noch nicht zur Verfügung. Eine erste Umfrage zeigte jüngst, dass ein Fünftel der US-Schüler Juul bereits in der Schule gesehen hat.
Ob es wirklich eine so dramatische Entwicklung ist, wie zum Teil dargestellt, kann man infrage stellen. Gerade in den USA ist beim Thema legale und illegale Drogen schnell Hysterie im Spiel. Klar ist aber auch, dass es einem Unternehmen gelungen ist, E-Zigaretten auch für Nichtraucher deutlich attraktiver zu machen durch Neuerungen am Produkt. Das könnte dazu führen, dass eines der wichtigsten Hilfsmittel zum Rauchstopp nachhaltig in Verruf gerät. Eine der Lektionen für die europäische Dampf-Community lautet deshalb: Ein gewisses Maß an Produktregulierung könnte letztlich für den Dampf-Markt sogar gut sein.