Die E-Zigarette wird von den meisten als moderne Erfindung wahrgenommen. Und natürlich stimmt das im Großen und Ganzen auch.
Der Chinese Hon Lik, der mit den von ihm genutzten Nikotin-Pflastern unzufrieden war, begann Anfang der 2000er-Jahre mit dem Bau von E-Zigaretten zu experimentieren. Zunächst entwickelte er Systeme, bei denen die Verdampfung über Ultraschall und nicht wie heute üblich ein Heiz-Element zum Einsatz kam. Hon Liks Patente sind gerade wieder in aller Munde in der E-Zigaretten-Branche. Auf ihnen fußt eine Klagewelle in Deutschland und zuvor den USA (eGarage berichtete).
Basierend auf Hon Liks Arbeit kam 2004 die erste moderne, kommerzielle E-Zigarette in China auf den Markt. Mehrere Quellen berichten übereinstimmend, dass die ersten E-Zigaretten in Europa etwa im April 2006 auftauchten und erste Erfolge erzielen – und ein Jahr später schließlich auch in den USA auftauchten. Seitdem steigt die Zahl der Dampfer rasend schnell an. Stars und Sternchen greifen auch zu und so steigt die Bekanntheit und Akzeptanz. Im September 2010 dampfte die US-Schauspielerin Katherine Heigl in der Talkshow von David Letterman. Die jüngsten Schätzungen für Deutschland gehen von einer Marktverdopplung 2014 und einem Wachstum um etwa ein Drittel im Jahr 2015 aus. Es soll mehrere Millionen Nutzer von E-Zigaretten in Deutschland geben, wobei genaue Statistiken nicht vorliegen. In den USA dampft jeder zehnte Erwachsene. Es scheint nicht einmal mehr ausgeschlossen, dass auf lange Sicht die herkömmliche Tabakzigarette vollständig vom E-Dampfen verdrängt wird.
Erst die moderne, recht komfortable E-Zigarette hat diesen Siegeszug möglich gemacht. Doch die Geschichte beginnt weit davor. Joseph Robinson meldete in den USA schon 1927 ein Patent für einen “Electric Vaporizer” an, der allerdings für medizinische Anwendungen konzipiert war. 1930 wurde das Patent erteilt. Wie man auf der Zeichnung sehen kann, weist das Grundprinzip schon erstaunliche Parallelen zur modernen E-Zigarette auf.
1963 schließlich reichte der US-Amerikaner Herbert A. Gilbert seine “Smokeless Non-Tobacco Cigarette” an die US-Patentämter ein. Auf Englisch gibt es hier ein Interview mit ihm zu lesen, in dem er behauptet: “Es gibt keine mir bekannte E-Zigarette, die nicht das grundlegende Design meines Patents nutzt.” Doch für Gilberts Erfindung ist es noch zu früh. “Timing ist alles, und ich war zu früh dran”, sagt er heute. Die Zigarette gilt in den 60er-Jahren in der breiten Öffentlichkeit trotz vieler gegenteiliger Untersuchungen noch nicht als extrem gesundheitsschädlich. Auch in den 80er-Jahren tauchte nochmals eine “Fake Cigarette” zum inhalieren von Nikotin auf. Sogar das heute im englischsprachigen Raum verwendete Wort “vaping” wird in der Berichterstattung dazu verwendet. Auch dieser Versuch verlief im Sande.
Es sollten nochmals 20 Jahre vergehen, bis es endlich klappte. Die E-Zigarette von heute ist also im Grunde der vierte Anlauf – und zum Glück endlich mit durchschlagendem Erfolg. Natürlich liegt das auch am technischen Fortschritt. Ohne die sehr leistungsfähigen und vergleichsweise günstigen Akkus von heute ist eine komfortable “Dampfe” kaum denkbar.
Die Erfindung von Gilbert spielt übrigens auch heute noch eine Rolle, obwohl der Patentschutz natürlich längst ausgelaufen ist. Der sich in Deutschland zuspitzende Streit um Patente für die moderne E-Zigarette findet auch in den USA statt. Laut Branchenberichten soll Fontem dort in ersten Gerichtsverhandlungen nicht zum Erfolg gekommen sein, unter anderem, unter anderem weil Patentrichter auf die Erfindung aus den 60er-Jahren verweisen.