Gesundheitsökonom Fricke für Harm Reduction und geringe EU-Mindeststeuer

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In Deutschland wird zwar schon hoch und noch weiter steigend besteuert. Doch die Debatte um die Mindeststeuersätze unter anderem für E-Zigaretten auf EU-Ebene bleibt wichtig.




Durch die Tobacco Tax Directive (TTD) wird bestimmt werden, was in vielen unserer Nachbarländern passiert. Und auch, was als europäischer Steuerstandard gilt, der vielleicht auch hier eine senkende Wirkung entfalten könnte. Die Grünen zum Beispiel und die FDP, immerhin Ampelkoalitionspartner, hatten sich bislang in der Regel für ein europäisch koordiniertes Vorgehen ausgesprochen.

Der Gesundheitsökonom und Professor Frank-Ulrich Fricke von der Technischen Hochschule Nürnberg hat in der Sache nun klar Stellung bezogen. In einem jüngst veröffentlichten englischsprachigen “Policy Paper” der EU-Denkfabrik European Liberal Forum plädiert er für eine “neue Strategie” der EU bei der Tabakregulierung. Prohibition, also der Ansatz, Suchtstoffe zu verbieten, sei weitgehend gescheitert. Der Ansatz der Harm Reduction, der Schadensreduktion, müsse allerdings auch zielgenau erfolgen, einen Standardansatz gebe es nicht und der Erfolg sei nicht einfach zu messen. Harm Reduction erfahre jedoch insgesamt institutionelle Unterstützung, zum Beispiel auch durch die Generaldirektion Gesundheit der Europäischen Kommission.

Anschließend arbeitet Fricke heraus, dass Harm Reduction und auch E-Zigaretten bei der Tabakkontrollstrategie im Widerspruch dazu kaum eine Rolle spielen. Der Rauchstopp werde als “beste Option” vertreten, unter anderem aus Sorge um Gateway-Effekte und Dual Use. Dennoch setze zum Beispiel Großbritannien auch auf Alternativen und Harm Reduction.

Steuern, so der Nürnberger Professor weiter, spielten für eine erfolgreiche Regulierung eine entscheidende Rolle. So habe zum Beispiel eine Art natürliches Experiment in den USA gezeigt, dass die hohe Besteuerung des Dampfens im Bundesstaat Minnesota dort zu einer höheren Raucherquote im Vergleich zum Rest des Landes geführt habe. Zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten unterstützten dem Paper zufolge die These, dass E-Zigaretten als Ersatz fürs Rauchen wirksam seien. Auch eine hohe Aromenvielfalt könne dafür sorgen, dass die weniger schädliche E-Zigarette attraktiver als das Rauchen sei.

Und nun kommt Fricke zum seinen zentralen Schlussfolgerungen: Regulierung und Besteuerung von E-Zigaretten sollten sich von herkömmlichen Zigaretten unterscheiden. Es solle sogar als kurzfristiges Ziel darauf geachtet werden, Produkte mit niedrigerem Risiko zu “promoten”. Und weiter: Kurz- bis mittelfristige niedrigere Steuereinnahmen bei nicht-brennbaren Produkten könnten durch deutlich geringere Gesundheitsausgaben kompensiert werden. “Deshalb sollte die Neufassung der Steuerregeln für Tabakprodukte sehr vorsichtig sein bei der Festlegung des Steuermindestsatzes”. Die vorgeschriebenen Steuererhöhungen durch die TTD-Reform sollten also gering ausfallen innerhalb der EU.

Auf die Lage in Deutschland geht Fricke nicht speziell ein. Die drastischen Steuererhöhungen in Deutschland, die das Dampfen ähnlich teuer wie das Rauchen machen, soviel lässt sich klar erkennen, sind mit dem Harm-Reduction-Ansatz jedoch nicht zu vereinbaren.