Gesetzgeber-Phraseologie

Das Plenum des Bundestags von oben. Foto: Matthias Wehnert / Shutterstock.com

Im Rahmen der Begründungen für das Tabaksteuermodernisierungsgesetz, kurz TabStMoG, raufen sich einem schon mal die Haare.




Grund ist diesmal die Antwort der Bundesregierung auf eine sogenannte Kleine Anfrage des FDR Bundestagsabgeordneten Dr. Gero Clemens Hocker. Dieser hatte gestern in der Fragestunde des Bundestages folgende Frage eingereicht: „Warum ignoriert der vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Tabaksteuerrechts das Konzept der Schadensminimierung, das von vielen Experten – auch in Anhörungen im Deutschen Bundestag – als kluge Ergänzung zu den bereits vorhandenen Maßnahmen der Tabakkontrolle bezeichnet wird und im Tabakerzeugnisgesetz im letzten Jahr durch eine differenzierte Regulierung für E-Zigaretten und Tabakerhitzer Anwendung gefunden hat?“

Da sich die Frage an das Ressort des Bundesfinanzministers Olaf Scholz richtet, kam die Antwort von der schon öfters erwähnten Parlamentarischen Staatssekretärin Sarah Ryglewski. Und da tritt so viel Befremdliches zu Tage, dass man erst mal aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr rauskommen will. Denn: Eine Besteuerung nach Schadstoffgehalt entspreche grundsätzlich nicht der Systematik des Tabaksteuerrechts“. Und ist eigentlich sogar „unionswidrig“, was in Anspielung auf die Europäische Union gemeint ist. Ausschlaggebend für jede Besteuerung sei die Frage, inwieweit die klassische Fabrikzigarette durch andere Produkte – also beispielsweise Heat not Burn, E-Zigarette, Shisha – ersetzt werden kann. Und weil genau dies bei erhitztem Tabak und bei nikotinhaltigen Liquids von E-Zigaretten der Fall sei, seien die „vorgesehenen Steuertarife sachgerecht“.
Nun, so manches ist erklärbar, aber muss deshalb eben nicht sachgerecht sein. Denn dann stellt sich doch die Frage nach der Besteuerung von Nikotinersatzprodukten der Pharmaindustrie. Denn nach der oben genannten Definition, würde die Kaugummis, Sprays und Pflaster ja ebenfalls als Substitutionsprodukt dienen. Das ist doch nun nicht wirklich die Absicht des Bundesfinanzministeriums – oder doch.

Und ganz schlimm und entlarvend wird es im nächsten Absatz; dort heißt es: „ Die Regelungen des Tabaksteuermodernisierungsgesetzes bzw.Tabaksteuerrechtes können nicht mit denen des Tabakerzeugnisgesetzes verglichen werden. So dient das Tabakerzeugnisgesetz dem gesundheitlichen Verbraucherschutz auch in der Weise, dass der Einstieg in das Rauchen, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, vermieden werden soll.“




Was in der Übersetzung bedeutet und in der Konsequenz heißt: Hauptsache Steuern, egal warum und woher, die Folgen haben die nächsten Parlamentarier zu tragen, sollten die Zahlen der Tabaktoten oder der Behandlungskosten von COPD wieder erwartungsgemäß nach oben schnellen und Deutschland mal wieder das Schlusslicht in der europäischen Raucherstatistik in den Qualm hält.

Für alle noch immer sich die Augen reibenden Leser, die eigentlich an die Fürsorgepflicht des Staates gegenüber seinen Bürgern glauben und nicht nur an schnöde monetäre Begehrlichkeiten, können im Plenarprotokoll von gestern nachlesen: Die Hocker-Frage auf Seite 6 und die Regierungsantwort auf Seite 87.