Gefäßmediziner mit hohem Informationsbedarf

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In Berlin fand der DGA-Kongress statt, die Jahrestagung der Angiologen. Von einem spannenden Streitgespräch und großen Wissenslücken zum Thema „Rauchstopp“ berichtet Dr. med. Ference Biro aus Köln.




Gefäßmediziner haben einen hohen Informationsbedarf, denn sie wissen nichts von schadstoffreduzierten E-Zigaretten und Tabakerhitzern. Auf der 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Angiologie – Gesellschaft für Gefäßmedizin e. V. in Berlin fand sich am 30.09.2021 im in wissenschaftlichen Programm interessanterweise auch eine Sitzung zum Thema Rauchstopp. Interessanterweise deshalb, weil das Thema Rauchstopp lange Zeit auf den Kongressen der gefäßmedizinischen Gesellschaften nicht mehr präsent war. Nach den Vorträgen von Herrn Prof. Andreas aus Immenhausen, Herrn Prof. Münzel aus Mainz und Herrn Prof. Kröger aus Krefeld, zeigte sich dann aber eine insgesamt unwissende Zuhörerschaft.

Herr Prof. Andreas bezog sich auf die S3 Leitlinie und deutete auf die hohe Evidenz der Empfehlungen hin, zeigte aber keinen Weg auf, wie der Großteil der Raucher, die gar nicht für den Rauchstopp motiviert sind, erreicht werden können. Herr Prof. Münzel zeigte tierexperimentelle Daten zum Schadenspotential verschiedener Stoffe, wie z.B. das Acrolein, welche von E-Zigaretten kaum freigesetzt werden. Herr Prof. Kröger sprach dann darüber, wie die Patienten, die mit den bisherigen leitliniengerechten Empfehlungen den Rauchstopp nicht erreichen können, vom Umstieg auf die im Vergleich zu Verbrennungszigaretten stark schadstoffreduzierten E-Zigaretten und Tabakerhitzern profitieren könnten.

Wirklich erschütternd war dann die Unwissenheit der Zuhörer, die sich in der Diskussion zeigte. Von Schadstoffreduktion hatten die Ärzte der Gefäßmedizin im Zusammenhang mit E-Zigaretten und Tabakerhitzern anscheinend noch nichts gehört. Obwohl diese Schadstoffreduktion von verschiedenen unabhängigen Behörden und Instituten untersucht wurde und in der S3 Leitlinie Rauchen und Tabakabhängigkeit: Screening, Diagnostik und Behandlung anerkannt wird, wurden E-Zigaretten und Tabakerhitzern als quasi gleich gefährlich wie Verbrennungszigaretten angesehen.
Auch der Einwand von Prof. Kröger, dass das fortgesetzte Rauchen bei den Patienten, die man mit den Leitlinienempfehlungen nicht zum Rauchstopp bewegen kann, doch die schlechteste aller Lösungen sei, fand nur wenig Gehör.
Die Diskussion zeigt den großen Aufklärungsbedarf bei Ärzten zu den neuen, im Vergleich zum Zigarettenqualm stark schadstoffreduzierten, nikotinfreisetzenden Produkten. Sowohl für betroffene Raucher als auch für das Gesundheitssystem insgesamt wäre eine unvoreingenommen wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesen Alternativprodukten für hartnäckige Raucher von großer Bedeutung.