Heute mal wieder ein kleines Proseminar der Abteilung Politische Systeme – anhand des Tabaksteuermodernisierungsgesetzes, kurz TabStMoG. Der Weg von der Gesetzidee zur Umsetzung ist ein langer und wie stets führen verschiedene, nicht alle Wege nach Rom. Wir folgen den Spuren der Tabaksteuer.
Wie bei den meisten Gesetzesinitiativen kommt auch das TabStMoG aus der Mitte der Bundesregierung, hier aus dem Bundesfinanzministerium, das die Ansicht vertrat als „zentrale steuernde Ebene“ regulierend in den Markt einzugreifen. So wurde der Entwurf im Kabinett beschlossen, danach wurde er von der Kanzlerin an den Bundesrat weitergeleitet, was am 24. März geschah. Der Bundesrat hat keine Zustimmungspflicht aber ein Mitspracherecht. Für eine Stellungnahme und Änderungsvorschläge hat die Länderkammer sechs Wochen Zeit. Diese Anliegen werden dann gegebenenfalls wiederum im Kabinett besprochen oder das Kabinett kann sich per schriftlicher Stellungnahme sich dazu äußern. Wegen der Eilbedürftigkeit soll der Bundesrat seine Beratungen bereits am 21. April (Gesundheitsausschuss) und 22. April (Wirtschafts- und Finanzausschuss) ihre Position abgeben. Sodann wird die Gesetzesinitiative an den Bundestag zu den meist drei Lesungen weitergeleitet.
Ob es beispielsweise bei der morgigen Ersten Lesung des TabStMoG zu einer Aussprache kommt oder nicht, entscheidet der Ältestenrat des Parlaments oder wenn mindestens fünf Prozent der Abgeordneten dies verlangen. Zumeist geschieht dies bei umstrittenen oder besonders öffentlichkeitswirksamen Gesetzesvorhaben. Es darf bezweifelt werden, dass das bei Tabaksteuern so zutrifft. Vor allem angesichts der schier endlos erscheinenden Agenda in Corona-Zeiten und so kurz vor Ende der Legislatur.
Nun kommt noch eine Chance für den Gesetzentwurf: Der schon erwähnte Ältestenrat spricht eine Empfehlung aus, ob nur einer oder mehrere Bundestagsausschüsse sich mit dem Thema befassen sollen: Je mehr desto länger dauert es. Wie eGarage erfahren hat, hat nun der Ältestenrat entschieden, dass neben dem federführenden Finanzausschuss auch noch der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft, der sich schon um das Werbeverbot verdient gemacht hat unter Führung des CDU-Mannes Alois Gerig, und der wichtigste Ausschuss des Hohen Hauses, der Haushaltsausschuss, dem die AfD vorsitzt, sich zu TabStMoG beraten. Der Haushaltsausschuss ist das Gremium, vor dem alle Ministerien und ihre Chefs extremen Respekt haben, denn der Haushaltsausschuss hat in den fragilen und sensiblen Beratungen zum „nächsten“ Haushalt, wie die Bedarfe von den jeweiligen Ministerien angemeldet werden, das allerletzte Wort. Wenn der Ausschuss kurz vor dem Ende der Haushaltsberatungen ruft, sitzt so mancher Minister brav auf dem Bänkchen vor der Tür und wartet geduldig auf seinen rechtfertigenden Auftritt, um seine finanzielle Forderungen vor den Volksvertretern zu rechtfertigen. Die Haushaltshoheit liegt beim Parlament – und das Schlusswort beim Ausschuss.
Diese drei Ausschüsse – Finanzen, Ernährung und Landwirtschaft sowie schließlich Haushalt – werden sich nun mit dem Gesetzentwurf beschäftigen und die Zweite und Dritte Lesung vorbereiten. Das ist sehr ambitioniert angesichts des Zeitdrucks – aber, wie schon erwähnt, noch mehr Fachleute können die Steuersituation für nikotinhaltige Liquids du die Konsequenzen für Branche und Rauchstoppwillige noch besser den Mandatsträgern nahebringen.
Vielleicht wegen der „Aufklärungsaussicht“ durch so viele Experten hat man sich auf ein „vereinfachtes Verfahren“ geeinigt, das heißt, der Tagesordnungspunkt Tabaksteuermodernisierungsgesetz wird ohne Debatte im Bundestag behandelt werden. Also leider kein Parlaments-TV.
Wann welche Ausschüsse – jenseits des Finanzausschusses, dessen Terminplan ja bereits bekannt wurde – tagen und wer wen als Experten einlädt, wird sich wohl in diesen Tagen klären. Aber am wichtigsten für die Zukunft der nikotinhaltigen Liquids und deren Besteuerung dürfte der federführende Finanzausschuss sein und am spannendsten, weil sibyllinischsten der Haushaltsausschuss.
Da sag mal einer, Parlamentarismus sei langweilig.