Am vorletzten Tag vor der Parlamentarischen Sommerpause verabschiedete der Bundestag auf seiner 70. Sitzung das „Zweite Gesetz zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes“. Zur Umsetzung fehlte noch der Bundesrat.
Dieser kam zwar noch am 3. Juli zusammen, aber das war selbst für das Tabakwerbeverbot zeitlich etwas zu ambitioniert. Auf der ersten Sitzung der Länderkammer am Freitag, den 18. September ist es dann soweit. Unter Tagesordnungspunkt 2 werden die Drucksachen 19/19495 und 19/20667 aufgerufen. Im Bundesrat hat das Werbeverbot nun die Drucksachennummer 468/20 – für Freunde und Feinschmecker des parlamentarischen Ablaufs. Erweitert ist die Bundestagsdrucksache 19/20667 um den Buchstaben b – und da geht es um E-Zigaretten. Darin heißt es:
„I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Der Konsum von E-Zigaretten steigt rasant. 2019 wurden in Deutschland 25 Prozent mehr E-Zigaretten verkauft als im Jahr davor. Auch die Zahl jugendlicher Konsumenten nimmt laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung signifikant zu. Über die mittel- und langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen insbesondere auf junge Menschen gibt es bisher wenige unabhängige Erkenntnisse, es besteht Forschungsbedarf.
Obwohl E-Zigaretten keinen Tabak enthalten und weniger Schadstoffe abgeben als Tabakprodukte, birgt auch ihr Konsum gesundheitliche Risiken, wie vom Bundesinstitut für Risikobewertung und vom Deutschen Krebsforschungszentrum festgestellt worden ist. Das Aerosol von E-Zigaretten kann atemwegsreizende und krebserregende Substanzen sowie gesundheitsschädigende Metalle enthalten. Wie groß die Gefahren sind, hängt vor allem davon ab, welche Stoffe verdampft und damit inhaliert werden.
Die Inhaltsstoffe nikotinhaltiger E-Zigaretten und Nachfüllbehälter werden in Anhang 2 der Tabakerzeugnisverordnung reguliert. Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes sorgen wir dafür, dass diese Inhaltsstoffregulierung auf nikotinfreie Produkte ausgeweitet wird.
Aromastoffe, die zum Beispiel mit Kirsch-, Erdbeer- oder Vanillenoten das Dampfen schon für Jugendliche attraktiv machen sollen, sind allerdings häufig nach Lebensmittelrecht bzw. EU-Aromenverordnung (EG Nr. 1334/2008) geregelt. Welche Wirkung sie haben, wenn sie nicht verzehrt, sondern inhaliert werden, ist unklar.
Angesichts der großen Vielfalt von E-Zigaretten und verfügbaren Liquids ist es notwendig, die zahlreichen Zusatz- und Aromastoffe der Liquids fortlaufend auf eine mögliche Gesundheitsgefährdung und eine suchtsteigernde Wirkung bei Inhalation hin zu untersuchen und bei Bedarf in die Liste verbotener Inhaltsstoffe aufzunehmen. Zudem ist es notwendig, die Chancen und die Risiken von E-Zigaretten zur Tabakentwöhnung in verschiedenen Nutzungsgruppen zu analysieren.“
Damit wird schon ein Blick in die nächste Regulierungsrunde und Regulierungswünsche hinsichtlich von Aromen gewagt. Und unter II werden sogleich verschiedene Ministerien zum Handeln beauftragt:
„II. Der Deutsche Bundestag fordert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit, dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie auf,
• den zuständigen Fachausschüssen des Deutschen Bundestages über die Entwicklung des Konsums von E-Zigaretten, insbesondere bei Jugendlichen und Neueinsteigern bzw. bisherigen Nichtrauchern, fortlaufend, zumindest aber zum 1. Januar 2022 und zum 1.Januar 2025 Bericht zu erstatten;
• die Inhaltsstoffe in E-Zigaretten regelmäßig auf eine mögliche Gesundheitsgefährdung und eine suchtsteigernde Wirkung zu überprüfen und die Liste der verbotenen Inhaltsstoffe entsprechend zu
aktualisieren. Den zuständigen Fachausschüssen des Deutschen Bundestages sollte regelmäßig über die Aktivitäten in diesem Bereich, zumindest aber zum 1. Januar 2022 und zum 1. Januar 2025 Bericht erstattet werden;
• eine Studie zu den gesundheitlichen Auswirkungen des Inhalierens von Aromen in
E-Zigaretten durchführen zu lassen, und dabei auch sogenannte Aroma-Cards bei Zigaretten sowie medizinische Aspekte der Tabakentwöhnung einzubeziehen;
• zu prüfen, inwieweit weitere Aromastoffe in die Liste verbotener Inhaltsstoffe im Anhang der Tabakerzeugnisverordnung aufgenommen werden müssen;
• eine Studie zu den gesundheitlichen Auswirkungen des Konsums der neuartigen All White-Produkte wie Nikotinbeutel, Nikotin Pouches und Nikopods in Auftrag zu geben.“