Formaldehyd in E-Zigaretten? Studie gibt Entwarnung

In Dampfer-Kreisen war die Aufregung groß, als im Januar eine Studie über enorm hohe Formaldehyd-Mengen berichtete, die bei der Nutzung von E-Zigaretten unter Laborbedingungen aufgetreten waren. Sie lagen sogar höher als bei gewöhnlichen Zigaretten (die allerdings noch eine Vielzahl anderer Giftstoffe enthalten). Die Studie schaffte es natürlich in die Mainstream-Medien – wie die meisten negativen Nachrichten über die E-Zigarette. Unter E-Zigaretten-Experten war jedoch sogleich in Frage gestellt worden, ob die Tests überhaupt realem Dampfverhalten entsprechen und kritisiert worden, dass das krebserregende Formaldehyd in diesen Mengen nur bei einer extrem heißgedampften E-Zigarette auftreten kann.

Eine wenige Tage alte Studie bestätigt nun diese Vermutung. Drei griechische Forscher, unter anderem von der Universität Patras, veröffentlichten neue Untersuchungsergebnisse im renommierten Fachblatt "Addiction". Das Fazit: E-Zigaretten produzieren hohe Mengen Formaldehyd nur, wenn sie "trockengeraucht" sind – wenn also der Liquidnachschub völlig versagt, etwa wegen eines Defekts oder weil die E-Zigarette leer ist – oder weil sehr schnell hintereinander lange Züge mit hoher Voltzahl erfolgen. Das allerding führe zu einem "starken, unangenehmen Geschmack, den E-Zigaretten-Nutzer erschmecken und vermeiden". Die Forscher untersuchten in einem Experiment, wie Probanden auf die heißgedampften E-Zigaretten reagierten. Sie brachen das Dampfen heißgelaufener Geräte ab, weil es unangenehm war. Auch moderne, mit hoher Voltzahl arbeitende E-Zigaretten produzierten unter normalen Umständen nur minimale Mengen an Aldehyden, so die Forscher weiter.

Entwarnung also: E-Zigaretten sind nur dann giftig, wenn sie unerträglich schmorig schmecken. Man darf gespannt sein, wie viele Medien über dieses Ergebnis berichten – und wie viele die inzwischen auch von Wissenschaftlern als unrealistisch enttarnte Studie weiter zitieren.


Die alleingelassenen Dampfer

Anfang der Woche wurde der 2. Alternative Suchtbericht vorgestellt. Darin wird anders als in den gewohnten Untersuchungen versucht, die pauschale Ablehnung von Suchtverhalten zu vermeiden und sich differenziert damit auseinanderzusetzen. Beim Thema E-Zigarette ist das gelungen. Heino Stöver von der Frankfurt University of Applied Sciences fasst in seinem Beitrag zunächst die bekannten Auswirkungen der E-Zigarette auf die Gesundheit der Bevölkerung zusammen. Fazit: E-Zigaretten sind zwar kein Allheilmittel, um das Rauchen aufzugeben, können aber einigen dabei helfen oder zumindest die Zahl der Zigaretten reduzieren. Gleichzeitig mahnt er an, was kaum jemand in der Branche bestreitet: Der Jugendschutz muss besser werden und es sollte klare Standards für E-Zigaretten und Liquids geben, zum Beispiel vorgeschriebene und bessere Auskünfte über die Inhaltsstoffe.

So weit, so bekannt - zumindest allen, die sich etwas intensiver über die Thematik informiert haben. Doch hochinteressant ist, dass Stöver auch das Verhalten der öffentlichen Gesundheitsorganisatoren analysiert. Dort bestehe eine klare "Ablehnungskoalition", keine "auf Schadensminimierung ausgelegte Gesundheitsdebatte der Verantwortlichen". Im Fokus stehe, dass das Dampfen die gewöhnliche Zigarette, die derzeit de-normalisiert werden, also an Akzeptanz verliere, und die E-Zigarette diesen positiven Trend untergraben könne. Stöver nennt das zurecht eine "unbewiesene Jugendverführungstheorie vieler Gegner_innen" der E-Zigarette. Schließlich gibt es keinerlei wisschenschaftliche Anhaltspunkte dafür.

Die Folge: Aus der Not sei eine verbrauchergestützte Selbsthilfe- und Gesundheits-/Genussbewegung gewachsen. Die Verbraucher informieren, orientieren und vernetzen sich selbst. Diese "Grassroots-Bewegung" der Dampfer "wird alleingelassen und eigentlich ausgegrenzt", schreibt Stöver weiter. Es erstaune, dass das Potenzial der E-Zigarette zur Schadensminimierung unbeachtet und politisch ein Tabu-Thema bleibe. Das Deutsche Krebsforschungszentrum wird besonders negativ hervorgehoben: Dort würden nur Gefahren gesehen, aber kein Abwägungsprozess auf der Basis von Fakten vorgenommen, "um den Strohhalm, den die E-Zigarette darstellt, für die Rauchprävention nutzbar zu machen und öffentlich aktiver zu bewerben".

Denkt man Stövers Kritik weiter und fragt nach dem Motiv für dieses Verhalten, drängt sich der Verdacht auf, dass es den E-Zigaretten-Gegnern möglicherweise nicht nur gedanklich schwerfällt, sich auf die E-Zigarette als positivere Alternative einzulassen. Sondern dass sich sich gleichzeitig ihrer Funktion beraubt sehen, wenn die E-Zigarette tatsächlich das Rauchen weitgehend ablösen könnte.


Explosionen und Brände – sind E-Zigaretten gefährlich?

In Frankreich ist kürzlich eine E-Zigarette explodiert, wie französische Medien berichten. Ein 21-jähriger Mann erlitt schwere Verletzungen an der Hand. Die genaue Unfallursache steht noch nicht fest, aber wahrscheinlich war der Akku schadhaft oder falsch aufgeladen worden. Derartige Unfälle kommen durchaus häufiger vor. Vor knapp einem Jahr starb in Großbritannien ein Mann, dessen E-Zigarette Feuer fing und das Equipment seiner Sauerstoff-Versorgung in Brand setzte. Dieses Video aus Enlgand, das von zahlreichen Medien aufgegriffen wurde, zeigt angeblich die Explosion einer E-Zigarette in einem Pub.

Die zentrale US-Feuerwehrbehörde sah sich bereits veranlasst eine speziell auf Dampfer zielende Info-Broschüre herauszugeben, die Risiken und den richtigen Umgang mit E-Zigaretten erklärt. Zwischen 2009 und 2014 kam es demnach zu 25 von den Medien aufgegriffenen Feuern und Explosionen in den USA, die durch E-Zigaretten ausgelöst wurden. Auch in Deutschland gibt es vereinzelte Meldungen über Brände, die durch E-Zigaretten verursacht wurden.

Heißt das, E-Zigaretten sind ein Hochrisiko-Produkt? Nein. Sogar die US-Feuerwehrbehörde schreibt, dass Unfälle mit E-Zigaretten angesichts von 2,5 Millionen Nutzern "selten" seien. Laut neueren Zahlen sollen sogar rund 20 Millionen US-Amerikaner dampfen. Im Vergleich zu anderen elektronischen Geräten scheint es nicht so zu sein, als ob E-Zigaretten ein besonderes Risiko darstellen. Auch über exploodierende Handy-Akkus gibt es hin und wieder Berichte, sogar über Markenprodukte wie das iPhone. Zudem: Im Vergleich zum Alternativprodukt Zigarette, die eine der häufigsten Quellen für Hausbrände ist, schneidet die E-Zigarette exzellent ab.

Allerdings fällt bei der Recherche auf, dass die Unfallursachen fast immer die gleichen sind – und daraus lassen sich durchaus Rückschlüsse ziehen, wie Dampfer das Risiko minimieren können. Bei der Auswertung durch die US-Behörden wurde ein Muster festgestellt: 80 Prozent der Unfälle ereigneten sich beim Laden der E-Zigaretten-Akkus, das normalerweise über USB-Stecker erfolgt, die wiederum in einen Computer oder über einen Adapter direkt an die Steckdose angeschlossen sind. Extrem wichtig: Obwohl die Steckergröße USB standardisiert ist, heißt das nicht, dass die USB-Ports technisch gleich ausgelegt sind!

"Nur die wenigsten Konsumenten verstehen, dass nicht alle USB Ports gleich sind", schreibt die Behörde. Dadurch passiere es zum Beispiel, dass E-Zigaretten-Akkus an ein Ladegerät mit einer deutlich höheren Spannung angeschlossen würden. Das könne dann zur Überhitzung und zur Explosion des Akkus führen. Die Schlussfolgerung: Auf keinen Fall ein Ladegerät verwenden, dass nicht vom Hersteller zu genau dieser E-Zigarette mitgeliefert wurde. Die US-Behörde schreibt, dass sich durch individuelle Ladegeräte das Risiko verringern lasse. Das ist jedoch nicht zu erwarten. Die unter Ego-T bekannte Standardschraubgröße ("510") für wiederbefüllbare E-Zigaretten erfreut sich gerade deshalb so großer Beliebtheit, weil Akkus und Verdampfer austauschbar sind.

Die anderen Risiken wie schadhafte Akkus sind nur extrem selten Unfallursache. Hier gilt natürlich, dass Qualitätsprodukte vermutlich weniger Störanfällig sind als Billig-Dampfen. Die Berichte über explodierende iPhones zeigen jedoch, dass auch Markenhersteller offenbar keinen hunderprozentigen Schutz bieten können.

Insgesamt kann man festhalten: E-Zigaretten sind trotz einer Unfälle recht sichere Produkte, die nur selten Brände verursachen oder gar explodieren. Wer darüber hinaus beachtet, auf jeden Fall das passende Ladegerät zu benutzen, kann die Gefahr noch einmal deutlich senken.


Nur nachfüllbare E-Zigaretten helfen beim Rauchstopp

Die meisten Langzeitdampfer schwören auf nachfüllbare Modelle und nicht Einmal-E-Zigaretten. Britische Forscher vom Londoner King's College haben nun eine ausführliche Studie vorgelegt, die belegt, dass auch nur die Modelle mit Tank und freier Liquidwahl beim Rauchstopp helfen. Das zentrale Ergebnis einer repräsentativen und demografisch bereinigten Umfrage, die nach einem Jahr wiederholt wurde: In diesem Zeitraum hatten 28 Prozent der Nutzer von wiederbefüllbaren E-Zigaretten das herkömmliche Rauchen aufgegeben, sofern sie täglich zur E-Zigarette griffen.

Dass das ein außergewöhnlich hohes Ergebnis ist, zeigt der Vergleich mit den anderen Gruppen. Nur 13 Prozent der Raucher, die keine E-Zigarette benutzen, hörten damit zwischen Dezember 2012 und Dezember 2013, dem Untersuchungszeitraum, auf. Die Einmal-E-Zigaretten dagegen unterstützen offenbar nicht beim Rauchstopp, im Gegenteil: Nur elf Prozent der Nutzer gaben das Rauchen auf. Wer nicht regelmäßig wiederbefüllbare E-Zigaretten nutzte hatte sogar nur eine 9-prozentige Chance, mit dem Rauchen aufzuhören.

Über statistische Kontrollmethoden können Forscher heutzutage relativ sichere, repräsentative Ergebnisse erzielen. Ein Problem bleibt jedoch: Die Wirkungskette. Wie Ann McNeill, Professorin am King's College, einräumte, könnte es sein, dass tägliche Nutzer von E-Zigaretten sich von den anderen Befragten unterscheiden. Zum Beispiel ist es möglich, dass sie ohnehin einen stärkeren Vorsatz hatten, das Rauchen aufzugeben. Die Kausalität ist also nicht klar beweisbar durch eine solche Umfrage.

Dennoch: Die deutlich über doppelt so hohe Erfolgsquote der wiederbefüllbaren "Dampfen" ist ein sehr deutliches Ergebnis und zumindest ein starker Hinweis darauf, dass für den Rauchstopp wiederbefüllbare E-Zigaretten das wahrscheinlich überlegene Hilfstmittel sind.

Die Studie ist aber nicht nur unter dem gesundheitlichen Aspekt interessant. Sie bestätigt auch einen Trend, den die E-Zigaretten-Wirtschaft nicht ignorieren kann. Offenbar sind "Dampfen" mit wiederbefüllbarem Tank für die Konsumenten das deutlich attraktivere Produkt und versprechen langfristig auch höhere Verkaufszahlen und entsprechenden Markterfolg. Das zeigt sich bereits in den USA, wo nach einem anfänglichen Boom die Verkaufszahlen von Einmal-E-Zigaretten wieder sinken, die Tankmodelle aber weiterhin boomen. "Big Tobacco" kommt gegen die flächendeckend sich ausbreitenden "Vape Shops" und den kleinteiligen Handel über das Internet offenbar nicht an - weil man letztlich das weniger attraktive Produkt anbietet. Wiederbefüllbare E-Zigaretten sind nicht nur billiger, sondern auch leistungsfähiger und bieten eine gigantische Auswahl an Liquids für jeden Geschmack und Geldbeutel.

Auch in Deutschland ist ein ähnliches Muster zu beobachten. Während der E-Zigarettenmarkt insgesamt stürmisches Wachstum verzeichnet (egarage.de berichtete exklusiv), laufen die Einmalprodukte laut Marktinsidern nicht besonders gut. Genaue Zahlen über die einzelnen Segmente sind für Deutschland allerdings nicht verfügbar. Die neue Marke Be Posh, die im März gestartet war, fährt zweigleisig. Neben Einweg-E-Zigaretten sind auch mit Kartuschen befüllbare Mehrwegmodelle zu haben.


Texas verbietet E-Zigarettenverkauf an Jugendliche

Da waren es nur noch sieben: Mit Texas steht in einem weiteren US-Bundesstaat ein Jugendverbot für E-Zigaretten an. Das texanische Repräsentantenhaus stimmte mit einer Mehrheit von 123 zu 20 Stimmen für das umfassende Verbot. Der Verkauf von E-Zigaretten und Liquids an soll nicht mehr erlaubt sein, ebenso der Besitz durch Jugendliche unter 18 Jahren. Im Augenblick ist die E-Zigarette nur noch in acht Bundesstaaten, Texas eingerechnet, frei für Jugendliche erhältlich, doch deren Zahl schrumpft schnell. Die Bundesbehörde, die US Food and Drug Administration, hat E-Zigaretten bisher noch nicht reguliert.

Derzeit ist immer deutlicher ein globaler Trend erkennbar: Ein harter Jugendschutz wird umgesetzt. So wollen auch Irland und Großbritannien den Verkauf von E-Zigaretten an Jugendliche verbieten. Die Bundesregierung plant ein ähnliches Gesetz, hatte Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) angekündigt.

Die Branche begrüßt in weiten Teilen, dass E-Zigaretten für Jugendliche unzugänglich gemacht werden sollen. So unterstützt der deutsche E-Zigarettenverband VdeH die Vorhaben. Ob E-Zigaretten ein Einstiegsprodukt für herkömmliche Zigaretten sind, ist umstritten. Dampfen ist allen wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge auch deutlich weniger gesundheitsschädlich als Rauchen, allerdings auch nicht frei von Risiken.

 

 


Forscherin im Interview: Dampfen besser als Rauchen, aber Dosis wichtig – Vorsicht vor Glycerol (VG)

Stefanie Scheffler ist Wissenschaftlerin der Cultex Laboratories aus Hannover. Ihr Team hat in Zusammenarbeit mit anderen Instituten kürzlich eine Studie veröffentlich, in der die Wirkung von E-Zigaretten-Dampf und Tabakrauch auf Lungenzellen verglichen wurde. Im Gespräch mit egarage.de erklärt sie die Details der Untersuchung. Rauchen ist offenbar gefährlicher, doch einen "Freifahrtschein" erhält die E-Zigarette nicht. Besonders der Inhaltsstoff Glycerol hat negative Auswirkungen auf Lungenzellen.




Frau Scheffler, die Studie Ihres Teams zum Vergleich von E-Zigaretten-Dampf und Zigarettenrauch hat erhebliches Aufsehen hervorgerufen – und legt nahe, dass Rauchen deutlich schädlicher für Lungenzellen ist. Ist das der Kern des Ergebnisses?

Stefanie Scheffler: So pauschal möchte ich das nicht beantworten. Richtig ist, dass wir erstmals die Auswirkungen einer Bedampfung, wie sie auch tatsächlich im Gebrauch stattfindet, auf Lungenzellen untersucht haben. Die Ergebnisse zeigen, dass E-Zigaretten-Dampf vermutlich deutlich weniger zellschädigend wirkt und auch weniger oxidativen Stress in den Zellen verursacht als Zigarettenrauch. Auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass im Vergleich zu nichtbedampften Zellen die Zellschädigung der Lungenzellen unter E-Zigaretten-Dampf deutlich zunimmt und auch der oxidative Stress, der mit Krebserkrankungen in Verbindung gebracht wird, etwas höher ist. Es ist kein Freifahrtschein für die E-Zigarette.

Das heißt doch aber: Wer vom Rauchen aufs Dampfen umsteigt, ist in jedem Fall besser dran, oder?

Vermutlich schon, aber auch nicht unbedingt, es kommt aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Dosis an. Wir hören immer wieder, dass einige Ex-Raucher sehr hohe Liquidmengen pro Tag verbrauchen und insgesamt vermutlich deutlich mehr Züge einatmen als ein Raucher. Ein Verbrauch von 4,5 Millilitern Liquid am Tag scheint keine Seltenheit zu sein. Dann könnte – ohne dies mit Sicherheit sagen zu können beim derzeitigen Stand der Erkenntnisse – der gesundheitliche Vorteil gering sein. Ich möchte aber auch nicht die Aussage treffen, dass Dampfen keinen gesundheitlichen Vorteil im Vergleich zum Rauchen bietet. Das ist durchaus möglich. Es ist schlicht noch zu früh für eindeutige Aussagen. Dafür werden weitere Studien benötigt, unter anderem solche, aus denen man Informationen über mögliche Langzeitschäden erhält. Dafür werden wir Versuche durchführen, bei denen die Lungenzellen wiederholt geringen Mengen Liquiddampf ausgesetzt werden.

Expositionsanlage

Abbildung der Expositionsanlage / Foto mit freundlicher Genehmigung Cultex Laboratories

Was ist neu an Ihren Untersuchungen im Vergleich zum bisherigen Stand der Forschung?

Experimente über den Einfluss von E-Zigaretten auf Körperzellen wurden bisher häufig mit anderen, nicht aus der Lunge stammenden Zelltypen untersucht, beispielsweise Hautgewebe. Das ist auch interessant, aber entscheidend ist der Einfluss auf die Lungenzellen, da nur diese dem Dampf direkt ausgesetzt sind. Außerdem wurden die Zellen in den bisherigen Studien nur mit dem Liquid oder einem Extrakt daraus in Kontakt gebracht, nicht aber mit dem Dampf, wie er beim tatsächlichen Gebrauch entsteht. Wir denken, dass unsere Untersuchung die Vorgänge in der Lunge, wie sie in der Praxis stattfinden, besser abbilden.

Für viele Dampfer dürfte interessant sein, dass Sie E-Zigaretten-Dampf, der sowohl Glycerol (VG) als auch Propylenglycol (PG) und Aromen enthält mit reinem Glycerol-Dampf verglichen haben. Das Ergebnis: Glycerol ist schädlicher. Sollten Dampfer aus gesundheitlichen Gründen zu Liquids greifen, die möglichst wenig VG enthalten?

Unsere bisherigen Ergebnisse zeigen, dass Glycerol eine deutlich höhere Toxizität für Lungenzellen hat, also giftiger ist. Auch hier braucht es noch mehr Untersuchungsergebnisse, aber es sieht im Moment so aus, als ob Dampfer gut beraten sein könnten, eher auf einen niedrigeren VG-Anteil zu setzen.




Wie sieht es mit den Hunderten verschiedenen Aromen aus, die E-Zigaretten-Liquids zugesetzt werden?

Wir haben diese bislang nur als Bestandteil des fertigen Liquids untersucht, können also über die isolierte Wirkung wenig sagen. Das Thema scheint mir bis jetzt ein fast blinder Fleck der E-Zigaretten-Forschung, auch aus Sicht der Unternehmen, zu sein. Zwar wird immer wieder argumentiert, die Aromen seien für Lebensmittel zugelassen. Doch das sagt wenig über die Gefährlichkeit beim Einatmen aus. Ein eindrückliches Beispiel ist Diacetyl, das insbesondere Mikrowellen-Popcorn beigesetzt wird und beim Verzehr unproblematisch ist, aber beim häufigen Einatmen schwere Erkrankungen verursachen kann, die sogar den Begriff der „Popcorn-Lunge“ geprägt haben. Die E-Zigaretten-Industrie untersucht meist nur, ob bekannte toxische Stoffe beim Verdampfen der Aromen entstehen. Das schränkt den Blick ein. Es wäre empfehlenswert, auch für Aromen die Auswirkungen auf Zellen besser zu untersuchen.

Wie Nikotin auf die Lungenzellen wirkt, haben Sie bereits untersucht, oder?

Nicht direkt, aber wir haben E-Liquids mit und ohne Nikotin verglichen. Das Ergebnis hat uns in seiner Deutlichkeit doch überrascht: Wir konnten keinen Unterschied bei den Auswirkungen auf die Lungenzellen feststellen, obwohl es sich um einen hohen Nikotingehalt von 24 Milligramm pro Milliliter handelte. Natürlich ist Nikotin ein Suchtstoff und damit problematisch, aber die direkten Auswirkungen auf Lungenzellen sind offenbar begrenzt – zumindest nach unseren Forschungsergebnissen.

In der Studie wird auch von Ihnen angemerkt, dass noch viele weitere Untersuchungen notwendig sind. Was haben Sie selbst an weiteren Experimenten im Auge?

Wir planen eine ganze Versuchsreihe zum E-Zigarettendampf, um noch differenziertere Ergebnisse zu erhalten. Zum Beispiel wollen wir nicht nur neue, junge Lungenzellen untersuchen, sondern auch Zellen, die zum Beispiel bereits Schleim produzieren oder Lungenhärchen ausbilden. Außerdem wollen wir die Zellen einer dauerhaften und nicht nur einer einmaligen Bedampfung aussetzen. Zudem sollen  verschiedene Dampfzug-Zyklen getestet werden, um zum Beispiel völlig auszuschließen, dass Überhitzung im Verdampfer die Ergebnisse beeinflusst. Alles zusammen wird  ein genaueres Bild über die Auswirkungen des Dampfens auf normale Lungenzellen ergeben. Da wir über ein voll ausgestattetes Labor für solche Untersuchungen verfügen, werden wir in den kommenden Monaten schnell zahlreiche Experimente auf den Weg bringen.

Sie geben in der Studie an, dass sie frei von Interessenskonflikten arbeiten konnten. Wer finanziert ihre Untersuchungen?

Die Cultex Laboratories sind ein unabhängiges, nach wissenschaftlichen Kriterien arbeitendes Forschungsinstitut. Wir finanzieren uns zum Einen durch den Verkauf unserer eigens entwickelten Expositionsmodule. Zum anderen stellen wir unsere Infrastruktur und unsere Dienste verschiedensten Auftraggebern zur Verfügung, darunter sind Pharmakonzerne, die Tabakwirtschaft aber auch E-Zigarettenanbieter. Wir machen aber auch eigene, unabhängige Untersuchungen wie in diesem Fall in Zusammenarbeit mit universitären und klinischen Forschern.

Wie sollten E-Zigaretten reguliert werden?

In jedem Fall ist es dringendst geboten, dafür zu sorgen, dass Kinder und Jugendliche keinen Zugang zu E-Zigaretten erhalten, auch jenen ohne Nikotin. Dass Dampfen gewisse schädliche Wirkungen hat, konnten wir schließlich zweifelsfrei feststellen. Zudem sollten wie bereits angesprochen die weiteren Inhaltsstoffe genauer analysiert werden, insbesondere die Aromen. Die Hersteller sollten auch für mehr Transparenz über diese Inhaltsstoffe sorgen.


Deutsche Studie: Zigarettenrauch stresst Zellen deutlich mehr als Dampfen

Viele E-Zigaretten-Studien leiden darunter, dass zwar die Auswirkungen des Dampfens unter die Lupe genommen werden, aber der Abgleich mit dem normalen Rauchen fehlt. Eine neue deutsche Untersuchung (auf Englisch publiziert) liefert nun einen direkten Vergleich. Vier Forscher, darunter zwei von den Cultex Laboratories aus Hannover, veröffentlichten vor wenigen Tagen eine Studie im renommierten Fachblatt "International Journal of Environmental Research and Public Health", die die Auswirkungen auf Lungenzellen untersucht – und kamen zu einem differenzierten, vielschichtigen Ergebnis.

In einem Experiment wurden Lungenzellen 200 maschinellen Zügen von je zwei Sekunden aus der E-Zigarette ausgesetzt (mit sieben Sekunden Abstand), teils mit, teils ohne Nikotin. Im Vergleich wurden weniger standardisierte Zigarettenzüge aus einer Normzigarette genommen, die Forscher berechneten aber im Nachhinein einen mit der E-Zigarette vergleichbaren Wert. Gleichzeitig wurde eine Kontrollgruppe an Zellen normaler Luft ausgesetzt.

Anhand von zwei Werten wurde erfasst, wie "giftig" der Dampf beziehungsweise Rauch für die Zellen war. So wurde die "Zellviabilität" gemessen, vereinfacht die Zahl der Zellen, die nach der Bedampfung noch lebten. Auch der "Oxidative Stress" wurde erfasst. Bei hohen Werten steigt die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung der Zelle und von Veränderungen im Erbgut.

Die Forscher konnten durchaus negative Auswirkungen des Dampfens feststellen. Die Überlebensrate der Zellen fiel messbar, der oxidative Stress nahm zu. Im Vergleich zum Zigarettenrauch sind die Auswirkungen jedoch offenbar klein. Bei einer vergleichbaren Anzahl an Zügen, so Berechnungen der Forscher, sinkt die Zellüberlebensrate um das 4,5- bis 8-fache im Vergleich zwischen Dampfen und Rauchen, der oxidative Stress ist bei der Zigarette 4,5 bis 5 mal höher.

Die Forscher verglichen auch nikotinfreies mit stark nikotinhaltigem E-Zigaretten-Liquid. Interessant: Der Nikotinlevel hat keinen Einfluss auf die beiden Messgrößen. Offenbar sind vor allem die Trägerstoffe Propylenglycol und vor allem Glyzerin negativ für die Zellen.

Auch wenn die Studie wieder einmal andere Forschungsergebnisse bestätigt, dass Dampfen wesentlich weniger riskant als Rauchen ist: Die Forscher geben zu bedenken, dass E-Zigarettennutzer zum Teil sehr hohe Dosen aufnehmen. So entsprächen 4,5 Milliliter Liquid etwa 1200 Zügen, während ein Raucher aus 30 Zigaretten etwa 300 Züge "herausholt". Dies könnte unter Umständen den gesundheitlichen Vorteil der E-Zigarette wieder deutlich schmälern.

Zum Interview mit einer der Forscherinnen geht es hier.

 


Österreichische E-Zigaretten-Händler kämpfen ums Überleben

In Österreich tobt ein heftiger Konflikt um den Verkauf von E-Zigaretten. Read more


Regierung will ernst machen mit Jugendverbot

Die Front gegen den freien Verkauf von E-Zigaretten an Minderjährige wächst. Nun springt der Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) der Drogenbeauftragten der Bundesregierung bei. Wie die Bild-Zeitung berichtet, soll der Verkauf von E-Zigaretten und -Shishas an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren verboten werden. "E-Shishas und Zigaretten gehören nicht in Kinderhände", sagte Schmidt dem Boulevard-Blatt.

Zuvor hatte seine bayerische Parteikollegin Marlene Mortler, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, bereits mehrfach gefordert, ein Jugendverbot durchzusetzen. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) unterstützt das Vorhaben und will noch dieses Jahr das Vorhaben mittels einer Neugestaltung des Jugendschutzgesetzes auf den Weg bringen. Damit kann man inzwischen von einer geschlossenen Linie der Bundesregierung ausgehen. Lediglich Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat sich zu dem Thema noch nicht geäußert.

Auch im Bundestag, der bei Gesetzesänderungen den Plänen der Bundesregierung zustimmen muss, scheint eine Mehrheit gesichert. Ende März hatte die Fraktion von CDU und CSU gefordert, es müsse sobald wie möglich ein Verkaufs- und Rauchverbot für E-Zigaretten für Jugendliche geben. Marcus Weinberg (CDU), familienpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sagte: "Wir dürfen nicht zulassen, dass sich Kinder und Jugendliche durch den derzeit erlaubten Erwerb von E-Zigaretten dem Rauchen grundsätzlich nähern oder sich gar an das Rauchen gewöhnen und auf diese Weise süchtig werden."

Die Datenlage ist zwar dürftig, doch wird laut Schätzungen davon ausgegangen, dass etwa eine halbe Million Jugendliche in Deutschland E-Zigaretten bereits probiert haben. Allerdings sind dabei auch die nikotinfreien Produkte eingeschlossen.

Die E-Zigaretten-Händler begrüßen härteren Jugendschutz. Das hat der VdeH, der Verband des eZigarettenhandels, immer wieder betont.

 

 

 


Etwa 20 Millionen US-Bürger dampfen

Die USA bleiben Trendsetter beim Dampfen, es sind beeindruckende Zahlen, die kürzlich auf einer Konferenz der Society for Research on Nicotine and Tobacco (SRNT) vorgestellt wurden: 15 bis 20 Millionen US-Bürger benützen E-Zigaretten, "vapen" also, wie es auf Englisch heißt. Die Zahlen basieren auf zwei wissenschaftlich soliden Umfragen, die von der Branche regelmäßig erhoben werden und die sich in diesem Konferenz-Protokoll finden. Beide liefern Ergebnisse, die nur leicht voneinander abweichen. Nach der ersten gaben 6,1 Prozent aller Befragten erwachsenen US-Amerikaner an, dass sie derzeit aktiv dampfen, in der anderen waren es 8,7 Prozent. Hochgerechnet auf die US-Bevölkerung ergibt das 14,8 bis 21,1 Millionen "Vaper".

Die E-Zigarette ist in den USA also in der Mitte der Bevölkerung angekommen, die Wahrscheinlichkeit, dass man einen Dampfer im Freundeskreis hat, ist hoch, Für Deutschland gibt es keine genauen Zahlen, oftmals wird aber angenommen, dass es etwa zwei Millionen Dampfer gibt. Das wären prozentual etwa halb so viele wie in den USA.

Interessant ist bei den Erhebungen auch, dass viele Ex-Raucher komplett auf die E-Zigarette umsteigen. Der Weg andersherum, dass also eine Person zuerst mit dem Dampfen anfängt und dann zur herkömmlichen Zigarette greift, ist dagegen sehr selten. Laut den Umfragen, die beide in den Jahren 2013 und 2014 erhoben wurden, berichteten 89 beziehungsweise 91 Prozent der Dampfer, dass sie zuvor schon einmal regelmäßig zur Zigarette gegriffen hatten. 23,7 Prozent (24,5 Prozent in der anderen Befragung) der E-Zigaretten-Nutzer berichteten, dass sie das Rauchen komplett aufgegeben haben. Immerhin ein Viertel der Dampfer ist also vollständig vom Glimmstängel losgekommen – was die These stark stützt, dass E-Zigaretten dabei helfen können, das wesentlich schädlichere Rauchen aufzugeben.

Der umgekehrte Fall – dass also zuerst mit dem Dampfen begonnen wird und dann die normale Zigarette folgt – ist dagegen sehr selten. Nur 1,3 bzw. 1,7 Prozent der Befragten Dampfer und Raucher gaben an, dass sie erst nach dem Dampfen mit dem normalen Rauchen angefangen haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Raucher sein Laster aufgibt und zum Dampfer wird liegt also rund 15 mal höher als andersherum. Allerdings muss dabei einschränkend hinzugefügt werden, dass die E-Zigarette immer noch ein recht neues Produkt ist. Ob die Zahlen auch dauerhaft so niedrig bleiben, ist noch offen. Bislang ist der Vorwurf, dass die E-Zigarette eine Art Einstiegsdroge fürs althergebrachte Rauchen ist, jedenfalls nicht zu belegen.