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Das Plenum des Bundestags von oben. Foto: Matthias Wehnert / Shutterstock.com

Alte Kämpfe bei Anhörung im Bundestag

30. June 2020By JJS

Wenn das Hohe Haus zur Anhörung lädt, der Bundestag also Experten befragt, wird es manchmal furchtbar langweilig, manchmal geht es hoch her.




Am gestrigen Montagabend traf letzteres zu, als es formell um das Tabakerzeugnisgesetz ging, vor allem aber zwei Punkte heiß diskutiert wurden: Die Wirksamkeit von Werbeverboten für Tabakprodukte und vor allem die E-Zigarette. Das Video kann hier in der Mediathek des Bundestags abgerufen werden.

Einig waren sich alle Experten lediglich darin, dass das Werbeverbot für Tabakzigaretten eine gute Sache ist. Zu schädlich ist sie, zu viele Tote gehen auf das Konto des Rauchens. Dass die Regierungskoalition weiter Ausnahmen zulässt, zum Beispiel Werbung im Außenbereich von Verkaufsstätten (von denen es um die 100.000 in Deutschland gibt), stieß auf ziemlich einhelliges Unverständnis.

Doch bei der E-Zigarette war es vorbei mit der Eintracht. Bei einigen Expertinnen und Experten fühlte man sich um Jahre zurückversetzt in eine Ära, in der die E-Zigarette ein völlig unbeschriebenes Blatt, schlecht erforscht und mit großen Sorgen verbunden war. Ulrike Helbig-Schuster von der Deutschen Krebshilfe griff zu besonders drastischen Worten. Die E-Zigarette sei in den USA eine “Seuche bei den Jugendlichen”, die auch in Europa drohe, und es gebe “steigende Zahlen in Deutschland” bei der Nutzung. Das ist eine wirklich überraschende Einschätzung, denn laut der Debra-Studien, die allgemeine Anerkennung finden, liegt der Anteil dampfender Jugendlicher zuletzt deutlich niedriger als vor einigen Jahren. Sie zählte zudem die zahlreichen Giftstoffe auf, die in E-Zigaretten-Dampf bislang nachgewiesen wurden, unter anderem die als hochgefährlich geltenden Nitrosamine – allerdings ohne klare Einordnung des Giftstoff-Umfangs im Vergleich zur Tabakzigarette.




Zu betonen, dass der Unterschied in der Gefährlichkeit zwischen Tabakrauch und E-Zigaretten-Dampf einer ist, der sich am besten in Größenordnungen beschreiben lässt, blieb dann die Aufgabe von Martin Storck, Professor und Klinikdirektor in Karlsruhe. Er betonte, es seien mindestens 90 Prozent weniger Schadstoffe enthalten. Bei Formaldehyd zum Beispiel sei der Gehalt im Vergleich weniger als ein Prozent, das sei “unter dem Tisch” gelassen worden in den vorherigen Einschätzungen. Und rückte in den Mittelpunkt, dass die E-Zigarette aus seiner medizinischen Sicht vor allem dann eine Option sei, wenn alle anderen Rauchstopp-Versuche gescheitert seien.

Auch Reiner Hanewinkel, Leiter des Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung in Kiel, äußerte sich sehr skeptisch und rückte in den Mittelpunkt, die E-Zigarette sei eine “Einstiegsdroge”. Dafür gibt es allerdings bislang wenig Hinweise: Die Zahl der regelmäßigen Dampfer, die nie geraucht haben, ist verschwindend gering und seit Jahren oft am Rande der Messbarkeit in Studien sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern.

Es war an Ute Mons vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), die mehrfach zur Sprache gebrachte Überzeugung zu widerlegen, dass die E-Zigarette keine Ausstiegshilfe sei, sie sagte, da “stimme ich nicht ganz überein” mit anderen Wortmeldungen. Denn seit vergangenem Jahr liege unter anderem eine überzeugende klinische Studie vor, die zeige, dass die E-Zigarette durchaus bei der Tabakentwöhnung helfen könne. E-Zigaretten seien aber kein “Wundermittel”, es gebe aber Gruppen, denen sie helfen könnten als Hilfsmittel der zweiten oder dritten Linie. Mons betonte auch immer wieder, dass die E-Zigarette ebenfalls Gesundheitsgefahren berge, dies sei klar, und zudem sprach sie sich für strikte Werbeverbote ohne Übergangsfristen aus.




Einzig Martin Storck sah dies anders, er ist der Meinung, stark unterschiedliche Risiken müssten auch bei der Werbung unterschiedlich behandelt werden, wie auch aus seiner schriftlichen Stellungnahme hervorgeht. Besser noch sei es, wenn der Staat, zum Beispiel die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), über die unterschiedlichen Risiken und Alternativen stärker aufkläre. Auch müssten Raucher stärker durch Beratungsangebote aufgeklärt werden.

Und die fragenden Politiker? Einhellig mit Ausnahme der AfD wurde begrüßt, dass die Experten das Werbeverbot unterstützen. Gitta Connemann von der CDU kündigte an, gemeinsam mit dem Gesetzentwurf einen Entschließungsantrag auf den Weg zu bringen, bei dem es auch um die Aromen gehe. Die Meinung, dass E-Zigaretten nicht eine Ausstiegs-, sondern eine Einstiegsdroge seien, findet sie “äußerst spannend”.

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Am gestrigen Montagabend traf letzteres zu, als es formell um das Tabakerzeugnisgesetz ging, vor allem aber zwei Punkte heiß diskutiert wurden: Die Wirksamkeit von Werbeverboten für Tabakprodukte und vor allem die E-Zigarette. Das Video kann hier in der Mediathek des Bundestags abgerufen werden.

Einig waren sich alle Experten lediglich darin, dass das Werbeverbot für Tabakzigaretten eine gute Sache ist. Zu schädlich ist sie, zu viele Tote gehen auf das Konto des Rauchens. Dass die Regierungskoalition weiter Ausnahmen zulässt, zum Beispiel Werbung im Außenbereich von Verkaufsstätten (von denen es um die 100.000 in Deutschland gibt), stieß auf ziemlich einhelliges Unverständnis.

Doch bei der E-Zigarette war es vorbei mit der Eintracht. Bei einigen Expertinnen und Experten fühlte man sich um Jahre zurückversetzt in eine Ära, in der die E-Zigarette ein völlig unbeschriebenes Blatt, schlecht erforscht und mit großen Sorgen verbunden war. Ulrike Helbig-Schuster von der Deutschen Krebshilfe griff zu besonders drastischen Worten. Die E-Zigarette sei in den USA eine “Seuche bei den Jugendlichen”, die auch in Europa drohe, und es gebe “steigende Zahlen in Deutschland” bei der Nutzung. Das ist eine wirklich überraschende Einschätzung, denn laut der Debra-Studien, die allgemeine Anerkennung finden, liegt der Anteil dampfender Jugendlicher zuletzt deutlich niedriger als vor einigen Jahren. Sie zählte zudem die zahlreichen Giftstoffe auf, die in E-Zigaretten-Dampf bislang nachgewiesen wurden, unter anderem die als hochgefährlich geltenden Nitrosamine – allerdings ohne klare Einordnung des Giftstoff-Umfangs im Vergleich zur Tabakzigarette.




Zu betonen, dass der Unterschied in der Gefährlichkeit zwischen Tabakrauch und E-Zigaretten-Dampf einer ist, der sich am besten in Größenordnungen beschreiben lässt, blieb dann die Aufgabe von Martin Storck, Professor und Klinikdirektor in Karlsruhe. Er betonte, es seien mindestens 90 Prozent weniger Schadstoffe enthalten. Bei Formaldehyd zum Beispiel sei der Gehalt im Vergleich weniger als ein Prozent, das sei “unter dem Tisch” gelassen worden in den vorherigen Einschätzungen. Und rückte in den Mittelpunkt, dass die E-Zigarette aus seiner medizinischen Sicht vor allem dann eine Option sei, wenn alle anderen Rauchstopp-Versuche gescheitert seien.

Auch Reiner Hanewinkel, Leiter des Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung in Kiel, äußerte sich sehr skeptisch und rückte in den Mittelpunkt, die E-Zigarette sei eine “Einstiegsdroge”. Dafür gibt es allerdings bislang wenig Hinweise: Die Zahl der regelmäßigen Dampfer, die nie geraucht haben, ist verschwindend gering und seit Jahren oft am Rande der Messbarkeit in Studien sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern.

Es war an Ute Mons vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), die mehrfach zur Sprache gebrachte Überzeugung zu widerlegen, dass die E-Zigarette keine Ausstiegshilfe sei, sie sagte, da “stimme ich nicht ganz überein” mit anderen Wortmeldungen. Denn seit vergangenem Jahr liege unter anderem eine überzeugende klinische Studie vor, die zeige, dass die E-Zigarette durchaus bei der Tabakentwöhnung helfen könne. E-Zigaretten seien aber kein “Wundermittel”, es gebe aber Gruppen, denen sie helfen könnten als Hilfsmittel der zweiten oder dritten Linie. Mons betonte auch immer wieder, dass die E-Zigarette ebenfalls Gesundheitsgefahren berge, dies sei klar, und zudem sprach sie sich für strikte Werbeverbote ohne Übergangsfristen aus.




Einzig Martin Storck sah dies anders, er ist der Meinung, stark unterschiedliche Risiken müssten auch bei der Werbung unterschiedlich behandelt werden, wie auch aus seiner schriftlichen Stellungnahme hervorgeht. Besser noch sei es, wenn der Staat, zum Beispiel die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), über die unterschiedlichen Risiken und Alternativen stärker aufkläre. Auch müssten Raucher stärker durch Beratungsangebote aufgeklärt werden.

Und die fragenden Politiker? Einhellig mit Ausnahme der AfD wurde begrüßt, dass die Experten das Werbeverbot unterstützen. Gitta Connemann von der CDU kündigte an, gemeinsam mit dem Gesetzentwurf einen Entschließungsantrag auf den Weg zu bringen, bei dem es auch um die Aromen gehe. Die Meinung, dass E-Zigaretten nicht eine Ausstiegs-, sondern eine Einstiegsdroge seien, findet sie “äußerst spannend”.

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